Home Historie und Fiktion Die Rede Papst Urbans des Zweiten auf der Synode von Clermont am 27. Nov. 1095

Die Rede Papst Urbans des Zweiten auf der Synode von Clermont am 27. Nov. 1095

Konzil von Clermont

Eigentlich wurde die Rede aus Platzgründen nicht in, sondern vor der Kathedrale gehalten.

Liebste Brüder,

ich, Urban, oberster Pontifex und mit Gottes Duldung Prälat der gesamten Welt, bin in dieser Zeit drängendster Not zu Euch, den Dienern Gottes in diesen Gebieten, als Überbringer göttlicher Ermahnung gekommen. Ich hoffe, daß jene, die Verwalter geistlicher Ämter sind, rein und ehrlich und frei von Heuchelei angetroffen werden.

Denn wenn einer verschlagen und unredlich ist und sich weit von einem Maß an Vernunft und Gerechtigkeit entfernt hat und das Gesetz Gottes vereitelt, dann werde ich mir mit göttlicher Unterstützung Mühe geben, ihn zurechtzuweisen. Denn der Herr hat Euch zu Haushaltern Seiner Hofhaltung gemacht, auf daß Ihr ihn, wenn die Zeit naht, mit Nahrung maßvoller Würze versehen könnt. Ihr werdet freilich selig, wenn der Herr des Verwalteramtes Euch das tun sieht.

Man nennt Euch Hirten; seht zu, daß Ihr nicht die Arbeit von Gedungenen verrichtet. Seid wahre Hirten, die stets ihren Krummstab in Händen halten; und schlafet nicht, wachet nach jeder Seite über die Herde, die Euch anvertraut ist.

Denn wenn aus Sorglosigkeit oder Nachlässigkeit ein Wolf ein Schaf hinwegträgt, werdet Ihr sicher nicht nur des Lohns, der von Unserm Herrn für Euch bereitlag, verlustig gehen, sondern Ihr werdet, nachdem Ihr zuerst mit den Ruten des Liktors geschlagen worden seid, fristlos in den Aufenthalt der Verdammten geschleudert.

Mit den Worten des Evangeliums: „Ihr seid das Salz der Erde.” Doch wenn Ihr fehlt, wie soll dann das Salzen geschehen? O wie viele Menschen müssen gewürzt werden! Es tut not, daß Ihr die Unwissenden, die allzusehr nach den Lüsten der Welt trachten, mit dem Linderung verschaffenden Salz Eurer Weisheit bestreut. Sonst werden sie durch ihre Vergehen verfaulen und unbestreut angetroffen werden, wenn der Herr zu ihnen spricht.

Denn wenn Er wegen Eurer trägen Pflichterfüllung Würmer in ihnen entdeckt, d.h. Sünden, wird Er sie, die Er verschmäht, in den Abgrund der Hölle werfen lassen. Und weil Ihr nicht in der Lage sein werdet, Ihm einen solchen Verlust zurückzuerstatten, wird Er Euch, von Seinem Urteil dazu verdammt, stracks aus Seiner Liebe Allgegenwart verbannen.

Denn einer, der ausstreut, sollte klug, weitblickend, maßvoll, gelehrt, friedensstiftend, wahrheitssuchend, fromm, gerecht, unparteiisch und rein sein. Denn wie sollen Ungelehrte andere zu Gelehrten machen, Maßlose andere maßvoll und Unreine andre rein? Wie kann einer, der den Frieden haßt, Frieden herbeiführen? Oder wenn einer befleckte Hände hat, wie kann der jene reinwaschen, die durch andere Verunreinigung beschmutzt sind? Denn es steht geschrieben: „Wenn aber ein Blinder den andern führt, so fallen sie beide in die Grube.”

Tadelt folglich zuerst Euch selbst, so daß Ihr dann ohne Vorwurf jene, die unter Eurer Obhut stehen, zurechtweisen könnt. Wenn Ihr wahrhaftig Freunde Gottes heißen wollt, dann tut frohen Herzens das, wovon Ihr wißt, daß es Ihn erfreut.

Seht insbesondere zu, daß die Angelegenheiten der Kirche getreu ihrem Gesetz bewahrt werden, so daß simonische Häresie durch nichts unter Euch Wurzeln schlägt. Sorgt dafür, daß Verkäufer und Käufer, von den Peitschenhieben des Herrn gegeißelt, elendiglich hinausgetrieben werden durch die engen Pforten in die äußerste Verdammnis.

Haltet die Kirche in all ihren Rängen gänzlich frei von weltlicher Macht, veranlaßt, daß der Zehnte aller Gaben der Erde gewissenhaft an Gott abgetreten wird, und laßt nicht zu, daß er verkauft oder einbehalten wird.

Wer auch immer sich an einem Bischof vergriffen hat, solle verflucht sein. Wer immer sich an Mönchen oder Priestern oder Nonnen und ihren Dienern oder Pilgern und Händlern vergriffen hat und sie beraubt hat, möge verflucht sein. Diebe und wer Häuser niederbrennt und ihre Komplizen sollen aus der Kirche verbannt und exkommuniziert werden.

Danach müssen wir besonders erwägen,” sagte Gregor, „wie schwer derjenige bestraft werden muß, der einem anderen etwas stiehlt, ob er etwa zu Höllenstrafen verdammt ist, weil er mit dem eigenen Besitz nicht freigebig umgegangen ist.” Denn so geschah es dem Reichen in der bekannten Geschichte aus dem Evangelium. Er wurde nicht bestraft, weil er einem anderen etwas stahl, sondern weil er die Reichtümer, die er empfangen hatte, schlecht verwendete.

Durch diese Sünden, liebste Brüder, hattet Ihr die Welt lange Zeit in Unordnung geraten sehn, und ganz besonders in manchen Teilen Eurer Provinzen, wie man uns erzählt hat. Vielleicht aufgrund unserer eigenen Schwäche, Recht zu sprechen, wagt sich kaum noch einer, der auf Sicherheit baut, auf den Straßen zu reisen, aus Angst, am Tag von Räubern heimgesucht zu werden oder in der Nacht von Dieben, mit Gewalt oder Hinterlist, zu Hause oder draußen.

Und deshalb sollte der Gottesfriede, wie er genannt zu werden pflegte, der vor langer Zeit von den heiligen Vätern eingeführt wurde, erneuert werden. Ich rate jedem von Euch dringend, ihn in Eurer eigenen Diözese strikt durchzusetzen. Doch wenn einer, der von Habgier oder Hochmut befallen ist, diesen Frieden bereitwillig bricht, möge er sich kraft Gottes Amtsgewalt und mit Billigung der Entscheide dieses Konzils unter die Exkommunizierten einreihen.

Weil Ihr Ihm, o Söhne Gottes, gelobt habt, untereinander Frieden zu halten und für die Rechte der heiligen Kirche aufrichtiger als bisher treu einzustehen, verbleibt Euch eine wichtige Aufgabe, die jüngst durch göttlichen Eingriff wachgerüttelt sich sowohl für Euch als auch für Gott ziemt, bei der Ihr die Ernsthaftigkeit Eures guten Willens erweisen könnt. Denn Ihr müßt Euch sputen, um Euren im Osten lebenden Brüdern, die Eure Unterstützung brauchen, um die sie oft dringend nachsuchten, Hilfe zu bringen.

Denn die Türken, ein persisches Volk, haben sie angegriffen, wie viele von Euch bereits wissen, und sind bis zu jenem Teil des Mittelmeers, den man den Arm des heiligen Georg nennt, auf römisches Territorium vorgedrungen. Sie haben immer mehr Länder der Christen an sich gerissen, haben sie bereits siebenmal in ebensovielen Schlachten besiegt, viele getötet oder gefangengenommen, haben Kirchen zerstört und haben Gottes Königreich verwüstet. Wenn Ihr ihnen gestattet, noch viel länger weiterzumachen, werden sie Gottes gläubiges Volk auf weiter Flur unterwerfen.

Und deshalb ermahne ich, nein, nicht ich, ermahnt Gott Euch als inständige Herolde Christi mit aufrechter Bitte, Männer jeglichen Standes, ganz gleich welchen, Ritter wie Fußkämpfer, reiche und arme, wiederholt aufzufordern, diese wertlose Rasse in unseren Ländern auszurotten und den christlichen Bewohnern rechtzeitig zu helfen.

Ich richte mich an die Anwesenden, ich verkündige es jenen, die abwesend sind; überdies befiehlt es Christus. All jenen, die dorthin gehen, ob sie auf dem Landweg marschieren oder übers Meer fahren oder im Kampf gegen die Heiden das Ende dieses Lebens in Gefangenschaft finden, werden ihre Sünden vergeben. Dies gewähre ich all denen, die gehn, kraft der Vollmacht, mit der Gott mich ausgestattet hat.

O welch eine Schande, wenn eine Rasse, die so verächtlich, so verkommen und von Dämonen geknechtet ist, auf solche Art ein Volk überwinden sollte, welches mit dem Glauben an den allmächtigen Gott ausgestattet ist und im Namen Christi glänzt. O welche Vorwürfe werden Euch vom Herrn selbst zur Last gelegt, wenn Ihr nicht jenen geholfen habt, die wie Ihr dem christlichen Glauben zugerechnet werden!

Jene, die leichtfertig einen persönlichen Krieg gegen die Gläubigen zu führen pflegen, mögen nun gegen die Ungläubigen in einen Krieg ziehen, der jetzt begonnen und siegreich zu Ende gebracht werden sollte. Jene, die lange Räuber gewesen sind, mögen nun zu Streitern Christi werden. Die, die einst gegen Brüder und Verwandte kämpften, mögen nun rechtmäßig gegen Barbaren kämpfen. Jene, die käuflich gewesen sind für einige Stücke Silbers, sollen nun ewigen Lohn empfangen. Jene, die sich selbst zum Nachteil von Körper und Seele erschöpft haben, sollen nun um doppelten Ruhm arbeiten. Zur einen Hand, fürwahr, werden die Traurigen und die Armen sein, zur anderen die Fröhlichen und die Wohlhabenden, hier die Feinde des Herrn, dort Seine Freunde.

Nichts möge jene, die sich anschicken zu gehen, aufhalten. Sie sollen ihre Angelegenheiten regeln, Geld anhäufen, und wenn der Winter vorbei und der Frühling gekommen ist, die Reise unter der Führung des Herrn voll Eifers antreten.
Daraufhin rief Adhemar de Monteil, Bischof von Le Puy,

Deus lo vult!


„Erzwungene Verehrung entspricht nicht dem Willen Gottes. Ein jeder, der den Glauben gewaltsam verbreitet, überschreitet die vom Glauben gesetzten Grenzen.“ Ralph Niger, De re militari, 1187/88


Diese Rede Papst Urbans II. auf der Synode von Clermont am 26. November 1095 hat weltweite Bedeutung erlangt. Sie stellt den Aufruf zum ersten Kreuzzug dar.

Nach einer einführenden allgemeinen Ermahnung greift Urban im zweiten Teil seiner Rede den Kreuzzugsgedanken auf. Auf eine Befreiung Jerusalems geht Urban aber nicht ein. Denen, die sich dem Kreuzzug anschließen, wird die Vergebung ihrer Sünden in Aussicht gestellt. Plünderungen und Raub billigt er nicht.

Mit seiner Predigt verfolgte Urban nicht ausschließlich religiöse Zwecke, sondern er wollte auch innenpolitisch Frieden stiften, da weite Teile Europas während des Feudalzeitalters durch innere Zwiste und Fehden sich in einem beunruhigenden Zustand befanden. So gab es auch noch einige Zeit Gegenpäpste. Erfolgreich hat er die Simonie verboten, u.a. auch das Kloster Cluny geweiht.

Diese glänzende Rede verfehlte ihre Wirkung nicht. Ob sie tatsächlich in dieser Form gehalten wurde und wieviel davon Worte des Chronisten Fulcher von Chartres sind, der sie aufgezeichnet hat, wissen wir nicht. Tatsache bleibt jedoch, daß sich der christliche Glaube, bedingt durch schwache Päpste, seit dieser Zeit grundlegend gewandelt hat und alles Kämpferische von ihm gewichen ist, bis hin zur Ächtung, Selbstverleugnung und widerstandslosen (Selbst-)Vernichtung.

 


Der Iraker Emanuel Youkhana macht im Westen unermüdlich die Verfolgung der Christen im Irak öffentlich und wurde dafür 2008 von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mit dem Stephanus-Preis „für Standhaftigkeit im Einsatz für die Religionsfreiheit” ausgezeichnet. Der studierte Elektroingenieur und assyrische Priester gründete und leitet außerdem die christliche Hilfsorganisation Christian Aid Program Nohadra Iraq (CAPNI) mit Sitz in Dohuk/Irak und Wiesbaden/ Deutschland. Sie arbeitet zusammen mit verschiedenen Hilfswerken wie Misereor, Diakonie, Missio, Open Doors oder den Evangelischen Landeskirchen in Württemberg und Bayern. Geboren wurde Pater Youkhana 1959 in Dohuk im Norden des Irak.

Dazu nachfolgendes Zitat von Emanuel Youkhana (November 2008):

„Ihr in Europa müßt verstehen, daß Eure mangelnde Solidarität mit uns, euren Glaubensbrüdern im Osten, am Ende unser aller Verhängnis sein wird. Ihr müßt verstehen, daß die islamische Welt nicht unterscheidet zwischen den Christen im Osten und dem säkularen Europa. Wenn ihr Mohammed in Karikaturen verspottet, brennen unsere Kirchen. Wenn ihr, wie der Papst in seiner Regensburger Rede, den Islam kritisiert, werden wir dafür angegriffen, verfolgt und getötet.
Ob ihr wollt oder nicht, wir sind ein Leib. Und glaubt nicht, daß der militante Islam innehält, wenn er sein Ziel, die Christenheit im Irak zu zerstören, erreicht hat. Im Gegenteil, dies würde nur einen Ansporn bedeuten, im ganzen Orient so zu verfahren! Und auch vor Europa wird er nicht haltmachen, wenn sich dort der Islam immer weiter durchsetzt: heute wir, morgen ihr. Seid nicht taub und hört unsere Warnung.“