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Ostern steht vor der Tür. Das höchste und wichtigste Fest der Christenheit.
Und genau wie bei Weihnachten und Halloween kann man dieser Tage wieder überall im Internet lesen, dass es sich dabei eigentlich ursprünglich um ein heidnisches Fest handeln würde, dass die frühen Christen einfach nur kopiert und mit einem dünnen christlichen Farbanstrich versehen hätten, um die Traditionen zu vereinnahmen, die man nicht auslöschen konnte, und um den Heiden den Übergang zum Christentum einfacher zu machen.
In diesem Fall soll es sich um das Fest der Göttin „Ostara“ handeln, dass die Germanen angeblich vor der Christianisierung gefeiert hätten. Es hätte sich bei dieser um eine Frühlingsgöttin gehandelt, deren Fest zur Frühjahrs-Tagundnachtgleiche gefeiert wurde. Osterhase und Ostereier hätten ihren Ursprung darin, dass Hasen und Eier ursprünglich heilige Symbole dieser Göttin gewesen seien.
An dieser Stelle will ich die große Antwort schon einmal vorwegnehmen:
Nein, Ostern geht nicht auf ein germanisches Fest zu Ehren einer Göttin namens Ostara zurück.
Im Folgenden schauen wir uns Stück für Stück die einzelnen Teile dieses Mythos an und betrachten, *warum* jeder einzelne davon geschichtswissenschaftlich betrachtet Unfug ist.
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Die Göttin Ostara.
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Die einzige Quelle, auf die sich die Geschichte von der angeblichen germanischen Göttin Ostara stützt, ist der angelsächsische Kirchenchronist Beda Venerabilis aus dem 8. Jahrhundert.
Dieser wunderte sich, warum die Menschen im angelsächsischen Sprachraum das Fest anlässlich des Opfertodes und der Widerauferstehung Christi als „Eostur“ bezeichneten. Denn überall sonst in der christlichen Welt wurde dieses Fest „Paschalis“, „Paschen“, „Pasque“ oder so ähnlich genannt (ein Name über den wir gleich noch reden werden, denn er verrät uns die tatsächliche Herkunft des Osterfestes).
Beda vermutet, dass der besondere Regionale Name sich von einer alten Göttin namens „Eostre“ ableiten könnte, der zu Ehren vor der Christianisierung ein Fest um die selbe Jahreszeit gefeiert worden sei und deren Namen die Menschen nach der Christianisierung für das neue christliche Fest übernommen hätten.
Das Problem ist:
Außer dieser Vermutung von Beda gibt es keine einzige andere Quelle, die eine Göttin namens Eostre (oder mit einem ähnlichen Namen) irgendwo im angelsächsischen oder in einem anderen germanischen Sprachraum erwähnt. Ihre Existenz gilt heute in der Geschichtswissenschaft als extrem fragwürdig, viele Sprachwissenschaftler*innen gehen davon aus, dass der Name „Eostur“ sich eher auf den Osten und den Sonnenaufgang bezieht (ein passender Name für ein Fest Anlässlich einer Widergeburt, die den Beginn eines neuen Zeitalters und einer neuen Hoffnung für die Menschheit einleitet). Selbst wenn Eostre tatsächlich existiert haben sollte (vielleicht nicht als eigenständige Göttin, sondern als Beiname einer Göttin mit einer Verbindung zum Frühling, wie etwa Freya), wäre sie eine angelsächsische Besonderheit gewesen.
Erst Jakob Grimm (ja, einer der berühmten „Gebrüder Grimm“) erdachte im 19. Jahrhundert die These, Eostre sei unter dem Namen „Ostara“ auch unter den Germanen auf dem Festland verehrt worden von ihrem Frühlingsfest hätten die Christen dann später den Namen, das Datum und die meisten Bräuche ihres Osterfestes übernommen.
In der geschichtswissenschaftlichen und sprachwissenschaftlichen Fachwelt wurde diese These von Anfang an kritisch gesehen, aber unter den Nationalromantikern der Zeit (und im darauffolgenden Nationalismus) fand sie großen Anklang. Es schmeichelte das eigene Nationalbewusstsein zu glauben, dass das heiligste Fest der gesamten Christenheit ja eigentlich ursprünglich auf ein Fest der eigenen germansichen Vorfahren zurückgehen würde.
Bei all der durchaus interessanten Diskussion darüber, ob es jemals wirklich eine Göttin Namens Ostara, Eostre oder so ähnlich gab, dürfen wir uns aber nicht von dem wichtigsten Punkt ablenken lassen:
Beda vermutet in Eostre nur den Ursprung eines im angelsächsischen Raum verbreiteten ungewöhnlichen Namens für das Fest anlässlich des Opfertodes und der Widerauferstehung Jesu, nicht den Ursprung des Festes selbst!
Wo aber kommt Ostern denn dann her, wenn nicht von Ostara oder Eostre?
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Der Ursprung von Ostern
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Wie weiter oben gesagt, wurde das Fest, das wir heute als Ostern bezeichnen, im Mittelalter im Großteil der christlichen Welt mit einem völlig anderen Namen genannt:
„Paschalis“, „Pascha“, „Paschen“, „Pasque“ und andere Varianten des selben Namens verraten uns, wo der tatsächliche Ursprung des Osterfestes liegt.
Jesus von Nazareth war Jude. Ebenso wie seine ersten Nachfolger.
Beim berühmten „letzte Abendmahl“, das Jesus in den Evangelien mit seinen Aposteln einnimmt, am Abend vor seiner Festnahme, Verurteilung und Kreuzigung, handelt es sich um nichts weniger, als das Festmahl am Vorabend des jüdischen Festes Pessach. Ebendieses Fest war der Anlass, aus dem Jesus und seine Jünger überhaupt nach Jerusalem gereist waren.
Bei Pessach geht es um das „Vorübergehen“ des Engels Gottes an den Häusern der Israeliten, als dieser in der 10ten Plage die Erstgeborenen Ägyptens tötete, um die darauffolgende Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft und den Bund, den Gott am Berg Sinai mit seinem auserwählten Volk schloss.
Für die frühen Christen war die Tatsache, dass die Kreuzigung Jesu ausgerechnet am Tag des Pessachfestes geschah, von großer symbolischer Bedeutung.
So wie das Blut von Opferlämmern an den Türbalken der Israeliten dafür gesorgt hatte, dass der Engel des Todes an ihren Häusern vorrüberging, so würde das vergossene Blut Jesu dafür sorgen, dass seine Nachfolger Gottes Strafgericht entgehen würden. So wie die Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft befreit wurden, so würden die Christen von der Erbsünde befreit werden. Und so wie Gott einst einen Bund mit den Israeliten geschlossen, ihnen seine Gebote übermittelt und sie zu seinem auserwählten Volk gemacht hatte, so hatte Jesus nun einen neuen Bund mit seinen Nachfolgern geschlossen, ihnen durch seine Lehren neue Gebote gegeben und sie zu Gottes neuen Auserwählten gemacht.
Die enge Verbindung zwischen Ostern und Pessach war etwas, was im frühen Christentum und das gesamte Mittelalter hindurch sehr offen kommuniziert und herausgestellt wurde.
Pessach war das Fest anlässlich des alten Bundes zwischen Gott und dem Volk Israel, Ostern war das Fest anlässlich des neuen Bundes zwischen Gott und den Nachfolgern Jesu.
Dementsprechend trug das Fest, mit dem Jesu Opfertod und Widerauferstehung gedacht wurde, in den folgenden Jahrhunderten auch völlig selbstverständlich immernoch den Namen des Festes, dass es aus christlicher Sicht abgelöst hatte:
Der Name „Ostern“ kommt mit im Frühmittelalter mit angelsächsischen Missionaren in das Gebiet des heutigen Deutschlands, findet aber nur regional Verbreitung. In den meisten Regionen wird am Begriff „Paschen“ festgehalten. Erst in der frühen Neuzeit setzt sich „Ostern“ wirklich flächendeckend durch.
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Ist Ostern ein Frühlingsfest?
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Die heutige Geschichtswissenschaft ist sich ziemlich einig, dass der Auszug aus Ägypten, so wie im alten Testament beschrieben, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie stattgefunden hat.
Eine häufige Vermutung ist, dass es sich hierbei um einen Herkunftsmythos handelt, mit dem unter der Herrschaft des Königs Josia im 7ten Jahrhundert vor Christus ein Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den jüdischen Stämmen geschaffen und gleichzeitig eine Abgrenzung von der zu dieser Zeit in der Region tonangebenden Hegemonialmacht Ägypten gefördert werden sollte.
In diesem Zusammenhang ist es durchaus denkbar, dass das Pessachfest auf ein früheres Frühlingsfest zurückgeht, oder zumindest bewusst in die Nähe des Frühlingsanfangs gelegt wurde, weil das Ende des Winters und das Wiedererwachen der Natur symbolisch natürlich ganz hervorragend zu einer Geschichte über das Ende einer Versklavung und die Geburt eines Volkes passt.
Diese Theorien sind alles andere als gesichert und unumstritten, aber selbst wenn etwas an ihnen dran sein sollte, würde das christliche Osterfest immernoch auf dem Jüdischen Pessach basieren und nicht auf irgendeinem germanischen, keltischen, römischen oder sonstigen Frühlingsfest. Selbst WENN Pessach seinen Anfang tatsächlich als Frühlingsfest gehabt haben sollte.
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Hasen und Eier
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Aber was ist denn mit dem Osterhasen und den Ostereiern?
Die stehen nicht in der Bibel! Das MUSS doch seinen Ursprung in irgendwelchen heidnischen Fruchtbarkeitsbräuchen haben, oder?
. Zunächst zu den Ostereiern, denn die Frage ist einfacher zu beantworten:
Der Brauch, zu Ostern hartgekochte Eier zu bemalen und zu essen, hat seinen Ursprung in der Fastenzeit. 40 Tage vor Ostern dürfen bestimmte Lebensmittel nicht gegessen werden. Kein Fleisch, keine Milch, keine Butter… und keine Eier.
Da die Hühner in der Fastenzeit aber trotzdem nicht aufhörten Eier zu legen, wurden diese hartgekocht, um sie haltbarer zu machen. Zudem fing man an, sie zu bemalen. Mit unterschiedlichen Farben und/oder Mustern, um die ältesten von den frischesten Eiern unterscheiden zu können.
Nach dem Ende der Fastenzeit saß man also auf einem großen Vorrat hartgekochter und bunt bemalter Eier, mit denen man sich zum Osterfest den Bauch vollschlagen konnte.
Also nein, kein überbleibsel heidnischer Fruchtbarkeitsriten, sondern nur eine praktische Folge der christlichen Fastenregeln.
. Nun zum Osterhasen, denn die Frage ist etwas kompizierter und dauert länger zu beantworten:
Zunächst: Es gibt keinerlei Belege dafür, dass Hasen als heilige Tiere irgendeiner germanischen Gottheit oder irgendeines germansichen Frühlingsfestes gesehen wurden.
Bei den Römern sieht das schon wieder anders aus: Hier galten Hasen tatsächlich als Symbole für Fruchtbarkeit, da sie sich so schnell fortplanzten, dass ihre Zahl rasend schnell zunehmen konnte, obwohl sie von unzähligen Raubtieren gejagt wurden, gegen die sie sich nicht wehren konnten.
Mit genau dieser Symbolik übernahmen auch die frühen Christen den Hasen schnell, der für sie stellvertretend für das junge Christentum stand, das ebenfalls trotz zeitweise massiver Verfolgung rasant und unaufhalsam wuchs.
Weitere Förderung erhielt der Hase in der christlichen Symbolik durch einen Übersetzungsfehler in der Vulgata, der vom Kirchenvater Hieronymus verfassten und lange Zeit mit Abstand bedeutendsten Übersetzung der Bibel ins Lateinische.
In Sprüche 30:26 („Klippdachse sind ein Volk ohne Macht und doch bauen sie ihre Wohnung im Fels.“) übersetzte Hieronymus die Klippdachse fälschlicherweise als „Hasen“.
Das Tier, das seinen Fressfeinden wehrlos ausgeliefert ist und nur im Fels Zuflucht findet, wurde zum Symbol für den Menschen, der ebenfalls nur in der Zuflucht zu Gott Schutz vor den Versuchungen des Teufels findet, denen er sonst wehrlos ausgeliefert wäre.
Seit dem Mittelalter findet sich in der Christlichen Kunst zudem häufig das Motiv von drei Hasen, die sich zusammen nur drei Ohren teilen, aber gemeinsam so angeordnet sind, dass trotzdem jeder Hase zwei Ohren hat (Zu sehen etwa im berühmten „Dreihasenfenster“ im Paderborner Dom) als Symbol für die Dreieinigkeit.
Trotz dieses vielfältigen Vorkommens von Hasen als Symboltiere im Christentum gibt es lange Zeit jedoch keinerlei Quellen dafür, dass der Hase irgendeine besondere Bedeutung speziell für das Osterfest gehabt hätte.
Einzig einige Darstellungen von Maria mit dem Jesuskind zeigen einen Hasen als vorausdeutendes Symbol für die Wiederauferstehung (zusammen mit Brot und Wein als Symbol für das beim Opfertod am Kreuz geopferte Blut und Fleisch Christi).
Die erste Quelle für den Osterhasen, der Eier versteckt, stammt aus dem 17ten Jahrhundert, aus einer Dissertation des Frankfurter Arztes Johannes Richier, der für einige Regionen Deutschlands diesen Brauch als „eine Fabel, die man Einfältigen und Kindern aufbindet“ beschreibt.
Wir wissen schlicht nicht, wie alt der Brauch zu dieser Zeit bereits war.
Weltweite Verbreitung fand er erst im 19ten Jahrhundert, mit dem Aufkommen billiger massenproduzierter Schokoladenhasen.
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Fazit:
Das christliche Osterfest hat seinen Ursprung im jüdischen Fest Pessach.
Maximal der Name Ostern für dieses Fest könnte vielleicht vom (Bei)Namen einer vorchristlichen germansichen Göttin stammen, wahrscheinlicher ist jedoch eine Herleitung von „Osten“, „Sonnenaufgang“ oder „Morgenröte“ als Bedeutungen des angelsächsischen Wortes „Eostur“.
Ostereier und Osterhase waren nicht ursprünglich Teil eines heidnischen Frühlingsfestes, sondern haben sich erst im Laufe des Mittelalters und der frühen Neuzeit entwickelt.
Ein hervorragender Blogpost von Tim O’Neill, der sich sehr viel detaillierter mit diesem Thema beschäftigt (und zudem auf den im englischen Sprachraum verbreiteten und mindestens ebenso unsinnigen Mythos eingeht, Ostern ginge auf die mesopotamische Götting Ishtar zurück):
Dies passiert, wenn der Eigentümer den Beitrag nur mit einer kleinen Personengruppe teilt oder er geändert hat, wer ihn sehen kann. Es kann auch sein, dass der Content inzwischen gelöscht wurde.
Galileo Galilei gilt heute als Märtyrer für die Wissenschaft, der von der katholischen Kirche dafür bestraft wurde, eine wissenschaftliche Tatsache vertreten zu haben, die ihrer religiösen Ideologie widersprach. Weil er Anfang des 17ten Jahrhunderts erklärte, die Erde würde sich um die Sonne drehen und nicht, wie das zu seiner Zeit seit fast 2000 Jahren allgemein akzeptierte Weltbild es sagte, die Sonne und die anderen Planeten um die Erde, sei er von der Inquisition verhört und verurteilt worden. Der Inquisitionsprozess gegen ihn ist DAS Beispiel, das für die angebliche systematische Unterdrückung der Wissenschaft durch die katholische Kirche im Besonderen und das Christentum / die Religionen im Allgemeinen.
Skurrilerweise berufen sich aber nicht nur Vertreter der evidenzbasierten Wissenschaft, sondern auch Verschwörungstheoretiker und Anhänger pseudowissenschaftlichen Geschwurbels gerne auf Galileo als Beispiel für jemanden, dessen Thesen vom Mainstream seiner Zeit abgelehnt, verlacht, ja sogar verboten wurden, obwohl er Recht hatte. Wie Galileo sehen auch sie sich als Vertreter einer Wahrheit,die von den Mächtigen unterdrückt wird, weil sie ihre Macht und Deutungshoheit gefährdet.
Es gibt dabei nur zwei Probleme:
1.) Galileo wurde nicht für seine naturwissenschaftlichen Thesen angeklagt und verurteilt.
2.) Galileos Kritiker hatten aus wissenschaftlicher Sicht Recht.
Bitte was?! Galileos Kritiker sollen Recht gehabt haben? Will ich hier etwa ernsthaft erzählen, die Sonne würde sich um die Erde drehen und nicht umgekehrt?
Nein, will ich natürlich nicht. Das heliozentrische System hat sich letztlich als das wissenschaftlich Korrektere erwiesen. Aber genau das ist der Punkt: Es musste sich erst als das korrektere System ERWEISEN.
Wissenschaft kann nicht mit 100%iger Sicherheit die Wahrheit ermitteln. Und das ist auch garnicht ihre Aufgabe. Stattdessen geht es in der Wissenschaft darum, zu ermitteln und zu beweisen, welche Theorie die aktuell vorhandenen Daten für den Moment am besten erklärt. Diese „für den Moment beste Theorie“ wird dann bis auf weiteres zum wissenschaftlichen Forschungsstand. Wenn irgendwann neue Daten auftauchen, die sich durch die alte Theorie nicht mehr erklären lassen, oder eine neue Theorie entwickelt wird, welche die vorhandenen Daten noch besser erklärt, ändert sich der Forschungsstand. Das ändert aber nichts daran, dass der alte Forschungsstand die zu seiner Zeit beste Erklärung darstellte und es damit wissenschaftlich korrekt war, davon auszugehen, bis eine andere Theorie beweisen konnte, dass sie eine bessere Erklärung darstellt.
Und genau da liegt der Knackpunkt: Galileo konnte nicht beweisen, dass sein Modell eine bessere Erklärung für die vorliegenden Daten (in diesem Fall die Position der Gestirne am Himmel zu einem bestimmten Zeitpunkt) lieferte, als das etablierte Modell nach Ptolemäus, das den damaligen Forschungsstand bildete.
Versuchte man, auf Grundlage seines Modells zu berechnen, wo ein Himmelskörper zu einem bestimmten Zeitpunkt am Himmel sein würde, waren die Ergebnisse sehr viel ungenauer, als die, die auf Basis des alten geozentrischen Systems errechnet wurden.
Erst Johannes Kepler (der Übrigens weder menschlich noch fachlich viel von Galileo hielt und einige sehr böse Briefe mit ihm austauschte) gelang es, das heliozentrische System so anzupassen (vor allem, indem er von elliptischen anstatt kreisförmigen Planetenbahnen ausging), dass es tatsächlich präzisere und zuverlässigere Ergebnisse liefern konnte, als das geozentrische.
So schwer uns der Gedanke heute fallen mag:
Die kirchlichen Gelehrten, die Galileos Modell ablehnten, handelten wissenschaftlich korrekt, da sie dem Modell den Vorzug gaben, das die vorhandenen Beobachtungen (in diesem Fall die Bewegung der Planeten am Himmel) am besten und präzisesten beschreiben und rechnerisch wiedergeben konnte und das genau aus diesem Grund seit der Antike etablierter Forschungsstand war.
Trotzdem wurde Galileo für seine Thesen keineswegs sofort von der Kirchenführung verfolgt oder gar der Ketzerei angeklagt.
Im Gegenteil:
Die Kirche und insbesondere Papst Urban VIII. förderte ihn sogar ausdrücklich und zeigte sich ausgesprochen fasziniert von seiner These.
Aber da besagte These eben noch keine genaueren (oder auch nur ebenso genaue) Berechnungen erlaubte, wie das altbewährte Modell, war man (wissenschaftlich wie gesagt völlig korrekt) noch nicht gewillt, das geozentrische Modell nach Ptolemäus aufzugeben.
Stattdessen sollte Galileo in offiziellem päpstlichen Auftrag (und mit päpstlicher finanzieller Förderung) ein Buch schreiben, in dem sowohl das alte als auch sein neues Modell gleichberechtigt nebeneinander präsentiert werden.
Galileo hingegen war erzürnt, dass sein Modell nicht sofort als neuer alleiniger Stand der Wissenschaft anerkannt wurde und schrieb sein Buch, den „Dialog über die zwei Weltsysteme“ als ein Gespräch zwischen einem Weisen (der Galileos Modell vertritt) und einem Dummkopf (der das ptolemäische Modell vertritt und offensichtlich dem Papst nachempfunden war, teilweise sogar bekannte Aussprüche desselbigen wortwörtlich zitierte).
Galileo hatte damit nicht nur gegen die Bedingungen des kirchlichen Auftrages verstoßen, den er angenommen hatte, und gleichzeitig seinen größten Förderer beleidigt.
Indem er erklärte, seine Kritiker innerhalb der Kirche seien ja nicht einmal in der Lage, die Bibel richtig auszulegen, hatte er aus einem naturwissenschaftlichen Streit (in dem er bis dato eigentlich garnicht so schlecht gestanden hatte) einen theologischen Konflikt gemacht.
Entgegen dem Klischee der wissenschaftsfeindlichen Katholiken unterschied die Kirche allerspätestens seit Augustinus sehr deutlich zwischen naturwissenschaftlichen Fragen, welche mit menschlicher Vernunft zu ergründen waren und bei denen die Beschreibungen in der Bibel nicht zwingend wortwörtlich zu verstehen waren, und theologischen Fragen, bei welchen die Bibel und deren Auslegung durch die Kirche absolute Autorität hatten.
So hatte etwa Augustinus als Beispiel die Schöpfungsgeschichte genannt. Die sechs Tage, in denen Gott laut der Bibel die Welt erschuf, müssten nicht unbedingt wörtlich genommen werden, schon alleine, weil die Sonne ja erst am fünften Tag erschaffen worden sei und es vorher daher garkeine „Tage“ im wortwörtlichen Sinne hätte geben können. Stattdessen sei die Schöpfungsgeschichte nur als vereinfachte und auch für einfache Menschen verstehbare Beschreibung dafür zu verstehen, dass Gott die Welt Stück für Stück in mehreren Schritten schuf.
Der am Prozess gegen Galileo beteiligte Kardinal Robert Bellamin schrieb 1615 in seinem “ Brief an Foscarini“, wenn das heliozentrische Modell tatsächlich bewiesen werden könne, müsse man „mit großer Vorsicht daran gehen, die Schriften zu erklären, die dem zu widersprechen scheinen und eher sagen, dass wir sie bislang nicht richtig verstanden hätten, als dass das, was uns demonstriert wurde, falsch sei.“. Allerdings fügte er auch hinzu: „Ich werde allerdings nicht an solche Beweise glauben, ehe sie mir gezeigt werden.“ Was aus wissenschaftlicher Sicht eine durchaus berechtigte Einstellung ist.
Galileo wurde letztlich also nicht für seine naturwissenschaftlichen Thesen angeklagt, sondern für seinen Vertragsbruch, seine Beleidigung gegenüber dem Papst und vor allem dafür, dass er sich unnötigerweise auf theologischem Gebiet gegen die Kirche aufgelehnt hatte.
Im ohnehin schon gespannten politischen und theologischen Klima der Gegenreformation, in der liberale und reaktionäre Fraktionen innerhalb der Kirche um Einfluss und Macht rangen, konnte so ein Akt offener Rebellion nicht unbeantwortet bleiben…
Dennoch viel seine Strafe verhältnismäßig milde aus:
Er musste seine Thesen öffentlich widerrufen und wurde zu Hausarrest verurteilt. Erst unter der Aufsicht des Erzbischofs von Siena, der sein glühender Bewunderer war, und es ihm an nichts fehlen ließ, später gut versorgt in seiner Villa.
Entgegen den Behauptungen, die man manchmal ließt, wurde Galileo nie gefoltert (das Zeigen der Folterinstrumente gehörte zum festen Ablauf eines Inquisitionsverfahrens und war kein besonderer Akt der Drohung oder Grausamkeit gegenüber Galileo).
Und erst recht sagte Galileo selbstverständlich nach der Verkündung des Urteils nicht vor Gericht: „Und sie bewegt sich doch.“ Eine solche trotzige Aussage hätte ihn zum rückfälligen Ketzer gemacht, was dann definitiv keine milde Strafe mit Hausarrest mehr nach sich gezogen hätte.
Mit Johannes Keplers Werk „Astronomia Nova“, das von elliptischen Planetenbahnen und unterschiedlichen Umlaufgeschwindigkeiten der Planeten an unterschiedlichen Punkten in der Ellipse ausging und damit nun seinerseits sehr viel präzisere Berechnungen erlaubte, als Galileos *und* das Ptolemäische Modell es konnten, kam von katholischer Seite bezeichnenderweise keinerlei Widerspruch, geschweige denn ein Vorfurf der Ketzerei.
Ebenso, wie bei Copernicus, der schon 100 Jahre vor Galileo ein heliozentrisches Weltbild entworfen hatte, auf dem Galileos Modell basierte. Und ebenso, wie bei Nikolaus Cusanus, der noch einmal fast 100 Jahre früher bereits die Ansicht vertreten hatte, das Universum habe keine Grenzen, die Erde sei nicht sein Mittelpunkt, stünde nicht still, sondern bewege sich und sei nur eine Welt unter vielen.
Beiden, besonders Cusanus, wurde durchaus widersprochen und beide wurden teilweise heftig kritisiert. Aber beide wurden von der römischen Kirchenführung nie verfolgt oder gar bestraft, ja nichteinmal ein Verfahren gegen sie wurde eröffnet.
Kurz:
Galileo war kein Märtyrer für die Wissenschaft, sondern jemand, der darauf, dass seine bis dahin unbewiesene These nicht sofort als alleiniger Forschungsstand anerkannt wurde, reagierte, indem er sich offen und völlig unnötigerweise mit seinem größten Förderer und einer der mächtigsten Organisationen Europas anlegte und dafür sogar noch relativ glimpflich davonkam.
Wenn sich also heutige Pseudowissenschaftler, Verschwörungstheoretiker und sonstige Schwurbler mit Galileo vergleichen, haben sie damit sogar durchaus Recht…
Nur halt nicht ganz so, wie sie denken. 😉
Zum Weiterlesen:
Über das Verhältnis der katholischen Kirche zur Wissenschaft, vor allem im Mittelalter (in welchem der Fall Galileo in der populären Wahrnehmung erschreckend oft verortet wird, weil das Narrativ einer ignoranten Kirche, die einen Wissenschaftler als Ketzer verurteilt, weil er die Wahrheit sagt, so gut in das populäre Bild des Mittelalters passt):
Ein hervorragendes Interview mit Dr. Ludwig Neidhart, dass sich sehr viel detaillierter und fundierter mit dem Fall Galileo auseinandersetzt, als es dieser kurze Blogpost hier kann:
Zwei Artikel von Tim O’Neills sehr lesenswertem Blog „History for Atheists“ über Copernicus, der seine wissenschaftlichen Arbeiten angeblich aus Angst vor der Inquisition erst auf dem Sterbebett veröffentlicht habe, und über Giordano Bruno, der ebenso (und teilweise noch mehr) wie Galileo als Märtyrer für die Wissenschaft gilt:
Da in der Vergangenheit oft eingeworfen wurde, die Entdeckung der Jupitermonde sei doch ein eindeutiger Beweis gewesen, dass das alte Ptolemäische System nicht hätte stimmen können, verlinke ich hier zudem den Link zum Wikipedia-Eintrag über die sogenannte „Epizykeltheorie“, der zeigt, dass die Vorstellung von Himmelskörpern, die sich nicht in einer Kreisbahn direkt um die Erde, sondern um einern anderen Punkt drehen, der seinerseits wieder auf einer Kreisbahn um die Erde läuft, zu Galileos Zeit beiweitem keine neue oder radikale Idee war, die Jupitermonde sich also problemlos in das Ptolemäische Modell integrieren ließen:
Warum kapieren so viele Leute nicht, dass das neue Jahr erst um 0.00 Uhr am 1.1. beginnt und nicht in den beiden Tagen schleichend schon tagsüber? Wahrscheinlich kann keiner mehr die Uhr lesen.... In diesem Sinne ein frohes neues Jahr. ... mehr anzeigenweniger anzeigen
Unser Lager in Purgstall an der Erlauf 30.8. - 1.9. ... mehr anzeigenweniger anzeigen
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Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!
Die Tage werden wieder kürzer und es s und nur noch 6 Monate bis Weihnachten. ... mehr anzeigenweniger anzeigen
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Zum Tag des Bieres alles Gute. ... mehr anzeigenweniger anzeigen
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„Geklaute“ christliche Feste? – Ostern und Ostara
inforo1300.wordpress.com/2022/04/13/geklaute-christliche-feste-ostern-und-ostara/
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Ostern steht vor der Tür. Das höchste und wichtigste Fest der Christenheit.
Und genau wie bei Weihnachten und Halloween kann man dieser Tage wieder überall im Internet lesen, dass es sich dabei eigentlich ursprünglich um ein heidnisches Fest handeln würde, dass die frühen Christen einfach nur kopiert und mit einem dünnen christlichen Farbanstrich versehen hätten, um die Traditionen zu vereinnahmen, die man nicht auslöschen konnte, und um den Heiden den Übergang zum Christentum einfacher zu machen.
In diesem Fall soll es sich um das Fest der Göttin „Ostara“ handeln, dass die Germanen angeblich vor der Christianisierung gefeiert hätten.
Es hätte sich bei dieser um eine Frühlingsgöttin gehandelt, deren Fest zur Frühjahrs-Tagundnachtgleiche gefeiert wurde.
Osterhase und Ostereier hätten ihren Ursprung darin, dass Hasen und Eier ursprünglich heilige Symbole dieser Göttin gewesen seien.
An dieser Stelle will ich die große Antwort schon einmal vorwegnehmen:
Nein, Ostern geht nicht auf ein germanisches Fest zu Ehren einer Göttin namens Ostara zurück.
Im Folgenden schauen wir uns Stück für Stück die einzelnen Teile dieses Mythos an und betrachten, *warum* jeder einzelne davon geschichtswissenschaftlich betrachtet Unfug ist.
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Die Göttin Ostara.
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Die einzige Quelle, auf die sich die Geschichte von der angeblichen germanischen Göttin Ostara stützt, ist der angelsächsische Kirchenchronist Beda Venerabilis aus dem 8. Jahrhundert.
Dieser wunderte sich, warum die Menschen im angelsächsischen Sprachraum das Fest anlässlich des Opfertodes und der Widerauferstehung Christi als „Eostur“ bezeichneten.
Denn überall sonst in der christlichen Welt wurde dieses Fest „Paschalis“, „Paschen“, „Pasque“ oder so ähnlich genannt (ein Name über den wir gleich noch reden werden, denn er verrät uns die tatsächliche Herkunft des Osterfestes).
Beda vermutet, dass der besondere Regionale Name sich von einer alten Göttin namens „Eostre“ ableiten könnte, der zu Ehren vor der Christianisierung ein Fest um die selbe Jahreszeit gefeiert worden sei und deren Namen die Menschen nach der Christianisierung für das neue christliche Fest übernommen hätten.
Das Problem ist:
Außer dieser Vermutung von Beda gibt es keine einzige andere Quelle, die eine Göttin namens Eostre (oder mit einem ähnlichen Namen) irgendwo im angelsächsischen oder in einem anderen germanischen Sprachraum erwähnt.
Ihre Existenz gilt heute in der Geschichtswissenschaft als extrem fragwürdig, viele Sprachwissenschaftler*innen gehen davon aus, dass der Name „Eostur“ sich eher auf den Osten und den Sonnenaufgang bezieht (ein passender Name für ein Fest Anlässlich einer Widergeburt, die den Beginn eines neuen Zeitalters und einer neuen Hoffnung für die Menschheit einleitet).
Selbst wenn Eostre tatsächlich existiert haben sollte (vielleicht nicht als eigenständige Göttin, sondern als Beiname einer Göttin mit einer Verbindung zum Frühling, wie etwa Freya), wäre sie eine angelsächsische Besonderheit gewesen.
Erst Jakob Grimm (ja, einer der berühmten „Gebrüder Grimm“) erdachte im 19. Jahrhundert die These, Eostre sei unter dem Namen „Ostara“ auch unter den Germanen auf dem Festland verehrt worden von ihrem Frühlingsfest hätten die Christen dann später den Namen, das Datum und die meisten Bräuche ihres Osterfestes übernommen.
In der geschichtswissenschaftlichen und sprachwissenschaftlichen Fachwelt wurde diese These von Anfang an kritisch gesehen, aber unter den Nationalromantikern der Zeit (und im darauffolgenden Nationalismus) fand sie großen Anklang.
Es schmeichelte das eigene Nationalbewusstsein zu glauben, dass das heiligste Fest der gesamten Christenheit ja eigentlich ursprünglich auf ein Fest der eigenen germansichen Vorfahren zurückgehen würde.
Bei all der durchaus interessanten Diskussion darüber, ob es jemals wirklich eine Göttin Namens Ostara, Eostre oder so ähnlich gab, dürfen wir uns aber nicht von dem wichtigsten Punkt ablenken lassen:
Beda vermutet in Eostre nur den Ursprung eines im angelsächsischen Raum verbreiteten ungewöhnlichen Namens für das Fest anlässlich des Opfertodes und der Widerauferstehung Jesu, nicht den Ursprung des Festes selbst!
Wo aber kommt Ostern denn dann her, wenn nicht von Ostara oder Eostre?
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Der Ursprung von Ostern
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Wie weiter oben gesagt, wurde das Fest, das wir heute als Ostern bezeichnen, im Mittelalter im Großteil der christlichen Welt mit einem völlig anderen Namen genannt:
„Paschalis“, „Pascha“, „Paschen“, „Pasque“ und andere Varianten des selben Namens verraten uns, wo der tatsächliche Ursprung des Osterfestes liegt.
Jesus von Nazareth war Jude.
Ebenso wie seine ersten Nachfolger.
Beim berühmten „letzte Abendmahl“, das Jesus in den Evangelien mit seinen Aposteln einnimmt, am Abend vor seiner Festnahme, Verurteilung und Kreuzigung, handelt es sich um nichts weniger, als das Festmahl am Vorabend des jüdischen Festes Pessach.
Ebendieses Fest war der Anlass, aus dem Jesus und seine Jünger überhaupt nach Jerusalem gereist waren.
Bei Pessach geht es um das „Vorübergehen“ des Engels Gottes an den Häusern der Israeliten, als dieser in der 10ten Plage die Erstgeborenen Ägyptens tötete, um die darauffolgende Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft und den Bund, den Gott am Berg Sinai mit seinem auserwählten Volk schloss.
Für die frühen Christen war die Tatsache, dass die Kreuzigung Jesu ausgerechnet am Tag des Pessachfestes geschah, von großer symbolischer Bedeutung.
So wie das Blut von Opferlämmern an den Türbalken der Israeliten dafür gesorgt hatte, dass der Engel des Todes an ihren Häusern vorrüberging, so würde das vergossene Blut Jesu dafür sorgen, dass seine Nachfolger Gottes Strafgericht entgehen würden.
So wie die Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft befreit wurden, so würden die Christen von der Erbsünde befreit werden.
Und so wie Gott einst einen Bund mit den Israeliten geschlossen, ihnen seine Gebote übermittelt und sie zu seinem auserwählten Volk gemacht hatte, so hatte Jesus nun einen neuen Bund mit seinen Nachfolgern geschlossen, ihnen durch seine Lehren neue Gebote gegeben und sie zu Gottes neuen Auserwählten gemacht.
Die enge Verbindung zwischen Ostern und Pessach war etwas, was im frühen Christentum und das gesamte Mittelalter hindurch sehr offen kommuniziert und herausgestellt wurde.
Pessach war das Fest anlässlich des alten Bundes zwischen Gott und dem Volk Israel, Ostern war das Fest anlässlich des neuen Bundes zwischen Gott und den Nachfolgern Jesu.
Dementsprechend trug das Fest, mit dem Jesu Opfertod und Widerauferstehung gedacht wurde, in den folgenden Jahrhunderten auch völlig selbstverständlich immernoch den Namen des Festes, dass es aus christlicher Sicht abgelöst hatte:
„Paschalis“, „Pascha“, „Paschen“, „Pasque“… Pessach.
Der Name „Ostern“ kommt mit im Frühmittelalter mit angelsächsischen Missionaren in das Gebiet des heutigen Deutschlands, findet aber nur regional Verbreitung. In den meisten Regionen wird am Begriff „Paschen“ festgehalten.
Erst in der frühen Neuzeit setzt sich „Ostern“ wirklich flächendeckend durch.
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Ist Ostern ein Frühlingsfest?
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Die heutige Geschichtswissenschaft ist sich ziemlich einig, dass der Auszug aus Ägypten, so wie im alten Testament beschrieben, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie stattgefunden hat.
Eine häufige Vermutung ist, dass es sich hierbei um einen Herkunftsmythos handelt, mit dem unter der Herrschaft des Königs Josia im 7ten Jahrhundert vor Christus ein Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den jüdischen Stämmen geschaffen und gleichzeitig eine Abgrenzung von der zu dieser Zeit in der Region tonangebenden Hegemonialmacht Ägypten gefördert werden sollte.
In diesem Zusammenhang ist es durchaus denkbar, dass das Pessachfest auf ein früheres Frühlingsfest zurückgeht, oder zumindest bewusst in die Nähe des Frühlingsanfangs gelegt wurde, weil das Ende des Winters und das Wiedererwachen der Natur symbolisch natürlich ganz hervorragend zu einer Geschichte über das Ende einer Versklavung und die Geburt eines Volkes passt.
Diese Theorien sind alles andere als gesichert und unumstritten, aber selbst wenn etwas an ihnen dran sein sollte, würde das christliche Osterfest immernoch auf dem Jüdischen Pessach basieren und nicht auf irgendeinem germanischen, keltischen, römischen oder sonstigen Frühlingsfest.
Selbst WENN Pessach seinen Anfang tatsächlich als Frühlingsfest gehabt haben sollte.
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Hasen und Eier
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Aber was ist denn mit dem Osterhasen und den Ostereiern?
Die stehen nicht in der Bibel! Das MUSS doch seinen Ursprung in irgendwelchen heidnischen Fruchtbarkeitsbräuchen haben, oder?
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Zunächst zu den Ostereiern, denn die Frage ist einfacher zu beantworten:
Der Brauch, zu Ostern hartgekochte Eier zu bemalen und zu essen, hat seinen Ursprung in der Fastenzeit.
40 Tage vor Ostern dürfen bestimmte Lebensmittel nicht gegessen werden.
Kein Fleisch, keine Milch, keine Butter… und keine Eier.
Da die Hühner in der Fastenzeit aber trotzdem nicht aufhörten Eier zu legen, wurden diese hartgekocht, um sie haltbarer zu machen.
Zudem fing man an, sie zu bemalen. Mit unterschiedlichen Farben und/oder Mustern, um die ältesten von den frischesten Eiern unterscheiden zu können.
Nach dem Ende der Fastenzeit saß man also auf einem großen Vorrat hartgekochter und bunt bemalter Eier, mit denen man sich zum Osterfest den Bauch vollschlagen konnte.
Also nein, kein überbleibsel heidnischer Fruchtbarkeitsriten, sondern nur eine praktische Folge der christlichen Fastenregeln.
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Nun zum Osterhasen, denn die Frage ist etwas kompizierter und dauert länger zu beantworten:
Zunächst:
Es gibt keinerlei Belege dafür, dass Hasen als heilige Tiere irgendeiner germanischen Gottheit oder irgendeines germansichen Frühlingsfestes gesehen wurden.
Bei den Römern sieht das schon wieder anders aus:
Hier galten Hasen tatsächlich als Symbole für Fruchtbarkeit, da sie sich so schnell fortplanzten, dass ihre Zahl rasend schnell zunehmen konnte, obwohl sie von unzähligen Raubtieren gejagt wurden, gegen die sie sich nicht wehren konnten.
Mit genau dieser Symbolik übernahmen auch die frühen Christen den Hasen schnell, der für sie stellvertretend für das junge Christentum stand, das ebenfalls trotz zeitweise massiver Verfolgung rasant und unaufhalsam wuchs.
Weitere Förderung erhielt der Hase in der christlichen Symbolik durch einen Übersetzungsfehler in der Vulgata, der vom Kirchenvater Hieronymus verfassten und lange Zeit mit Abstand bedeutendsten Übersetzung der Bibel ins Lateinische.
In Sprüche 30:26 („Klippdachse sind ein Volk ohne Macht und doch bauen sie ihre Wohnung im Fels.“) übersetzte Hieronymus die Klippdachse fälschlicherweise als „Hasen“.
Das Tier, das seinen Fressfeinden wehrlos ausgeliefert ist und nur im Fels Zuflucht findet, wurde zum Symbol für den Menschen, der ebenfalls nur in der Zuflucht zu Gott Schutz vor den Versuchungen des Teufels findet, denen er sonst wehrlos ausgeliefert wäre.
Seit dem Mittelalter findet sich in der Christlichen Kunst zudem häufig das Motiv von drei Hasen, die sich zusammen nur drei Ohren teilen, aber gemeinsam so angeordnet sind, dass trotzdem jeder Hase zwei Ohren hat (Zu sehen etwa im berühmten „Dreihasenfenster“ im Paderborner Dom) als Symbol für die Dreieinigkeit.
Trotz dieses vielfältigen Vorkommens von Hasen als Symboltiere im Christentum gibt es lange Zeit jedoch keinerlei Quellen dafür, dass der Hase irgendeine besondere Bedeutung speziell für das Osterfest gehabt hätte.
Einzig einige Darstellungen von Maria mit dem Jesuskind zeigen einen Hasen als vorausdeutendes Symbol für die Wiederauferstehung (zusammen mit Brot und Wein als Symbol für das beim Opfertod am Kreuz geopferte Blut und Fleisch Christi).
Die erste Quelle für den Osterhasen, der Eier versteckt, stammt aus dem 17ten Jahrhundert, aus einer Dissertation des Frankfurter Arztes Johannes Richier, der für einige Regionen Deutschlands diesen Brauch als „eine Fabel, die man Einfältigen und Kindern aufbindet“ beschreibt.
Wir wissen schlicht nicht, wie alt der Brauch zu dieser Zeit bereits war.
Weltweite Verbreitung fand er erst im 19ten Jahrhundert, mit dem Aufkommen billiger massenproduzierter Schokoladenhasen.
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Fazit:
Das christliche Osterfest hat seinen Ursprung im jüdischen Fest Pessach.
Maximal der Name Ostern für dieses Fest könnte vielleicht vom (Bei)Namen einer vorchristlichen germansichen Göttin stammen, wahrscheinlicher ist jedoch eine Herleitung von „Osten“, „Sonnenaufgang“ oder „Morgenröte“ als Bedeutungen des angelsächsischen Wortes „Eostur“.
Ostereier und Osterhase waren nicht ursprünglich Teil eines heidnischen Frühlingsfestes, sondern haben sich erst im Laufe des Mittelalters und der frühen Neuzeit entwickelt.
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Zum Weiterlesen:
Der Blogpost über die angeblichen heidnischen Ursprünge von Halloween:
inforo1300.wordpress.com/2022/09/30/geklaute-christliche-feste-halloween-und-samhain/
Und zu Weihnachten:
inforo1300.wordpress.com/2022/11/27/geklaute-christliche-feste-weihnachten-romer-germanen-und-coc...
Ein hervorragender Blogpost von Tim O’Neill, der sich sehr viel detaillierter mit diesem Thema beschäftigt (und zudem auf den im englischen Sprachraum verbreiteten und mindestens ebenso unsinnigen Mythos eingeht, Ostern ginge auf die mesopotamische Götting Ishtar zurück):
historyforatheists.com/2017/04/easter-ishtar-eostre-and-eggs/ ... mehr anzeigenweniger anzeigen
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Galileo und die Kirche
inforo1300.wordpress.com/2021/01/15/galileo-und-die-kirche/
Galileo Galilei gilt heute als Märtyrer für die Wissenschaft, der von der katholischen Kirche dafür bestraft wurde, eine wissenschaftliche Tatsache vertreten zu haben, die ihrer religiösen Ideologie widersprach.
Weil er Anfang des 17ten Jahrhunderts erklärte, die Erde würde sich um die Sonne drehen und nicht, wie das zu seiner Zeit seit fast 2000 Jahren allgemein akzeptierte Weltbild es sagte, die Sonne und die anderen Planeten um die Erde, sei er von der Inquisition verhört und verurteilt worden.
Der Inquisitionsprozess gegen ihn ist DAS Beispiel, das für die angebliche systematische Unterdrückung der Wissenschaft durch die katholische Kirche im Besonderen und das Christentum / die Religionen im Allgemeinen.
Skurrilerweise berufen sich aber nicht nur Vertreter der evidenzbasierten Wissenschaft, sondern auch Verschwörungstheoretiker und Anhänger pseudowissenschaftlichen Geschwurbels gerne auf Galileo als Beispiel für jemanden, dessen Thesen vom Mainstream seiner Zeit abgelehnt, verlacht, ja sogar verboten wurden, obwohl er Recht hatte.
Wie Galileo sehen auch sie sich als Vertreter einer Wahrheit,die von den Mächtigen unterdrückt wird, weil sie ihre Macht und Deutungshoheit gefährdet.
Es gibt dabei nur zwei Probleme:
1.)
Galileo wurde nicht für seine naturwissenschaftlichen Thesen angeklagt und verurteilt.
2.)
Galileos Kritiker hatten aus wissenschaftlicher Sicht Recht.
Bitte was?! Galileos Kritiker sollen Recht gehabt haben? Will ich hier etwa ernsthaft erzählen, die Sonne würde sich um die Erde drehen und nicht umgekehrt?
Nein, will ich natürlich nicht.
Das heliozentrische System hat sich letztlich als das wissenschaftlich Korrektere erwiesen.
Aber genau das ist der Punkt: Es musste sich erst als das korrektere System ERWEISEN.
Wissenschaft kann nicht mit 100%iger Sicherheit die Wahrheit ermitteln. Und das ist auch garnicht ihre Aufgabe.
Stattdessen geht es in der Wissenschaft darum, zu ermitteln und zu beweisen, welche Theorie die aktuell vorhandenen Daten für den Moment am besten erklärt.
Diese „für den Moment beste Theorie“ wird dann bis auf weiteres zum wissenschaftlichen Forschungsstand.
Wenn irgendwann neue Daten auftauchen, die sich durch die alte Theorie nicht mehr erklären lassen, oder eine neue Theorie entwickelt wird, welche die vorhandenen Daten noch besser erklärt, ändert sich der Forschungsstand.
Das ändert aber nichts daran, dass der alte Forschungsstand die zu seiner Zeit beste Erklärung darstellte und es damit wissenschaftlich korrekt war, davon auszugehen, bis eine andere Theorie beweisen konnte, dass sie eine bessere Erklärung darstellt.
Und genau da liegt der Knackpunkt:
Galileo konnte nicht beweisen, dass sein Modell eine bessere Erklärung für die vorliegenden Daten (in diesem Fall die Position der Gestirne am Himmel zu einem bestimmten Zeitpunkt) lieferte, als das etablierte Modell nach Ptolemäus, das den damaligen Forschungsstand bildete.
Versuchte man, auf Grundlage seines Modells zu berechnen, wo ein Himmelskörper zu einem bestimmten Zeitpunkt am Himmel sein würde, waren die Ergebnisse sehr viel ungenauer, als die, die auf Basis des alten geozentrischen Systems errechnet wurden.
Erst Johannes Kepler (der Übrigens weder menschlich noch fachlich viel von Galileo hielt und einige sehr böse Briefe mit ihm austauschte) gelang es, das heliozentrische System so anzupassen (vor allem, indem er von elliptischen anstatt kreisförmigen Planetenbahnen ausging), dass es tatsächlich präzisere und zuverlässigere Ergebnisse liefern konnte, als das geozentrische.
So schwer uns der Gedanke heute fallen mag:
Die kirchlichen Gelehrten, die Galileos Modell ablehnten, handelten wissenschaftlich korrekt, da sie dem Modell den Vorzug gaben, das die vorhandenen Beobachtungen (in diesem Fall die Bewegung der Planeten am Himmel) am besten und präzisesten beschreiben und rechnerisch wiedergeben konnte und das genau aus diesem Grund seit der Antike etablierter Forschungsstand war.
Trotzdem wurde Galileo für seine Thesen keineswegs sofort von der Kirchenführung verfolgt oder gar der Ketzerei angeklagt.
Im Gegenteil:
Die Kirche und insbesondere Papst Urban VIII. förderte ihn sogar ausdrücklich und zeigte sich ausgesprochen fasziniert von seiner These.
Aber da besagte These eben noch keine genaueren (oder auch nur ebenso genaue) Berechnungen erlaubte, wie das altbewährte Modell, war man (wissenschaftlich wie gesagt völlig korrekt) noch nicht gewillt, das geozentrische Modell nach Ptolemäus aufzugeben.
Stattdessen sollte Galileo in offiziellem päpstlichen Auftrag (und mit päpstlicher finanzieller Förderung) ein Buch schreiben, in dem sowohl das alte als auch sein neues Modell gleichberechtigt nebeneinander präsentiert werden.
Galileo hingegen war erzürnt, dass sein Modell nicht sofort als neuer alleiniger Stand der Wissenschaft anerkannt wurde und schrieb sein Buch, den „Dialog über die zwei Weltsysteme“ als ein Gespräch zwischen einem Weisen (der Galileos Modell vertritt) und einem Dummkopf (der das ptolemäische Modell vertritt und offensichtlich dem Papst nachempfunden war, teilweise sogar bekannte Aussprüche desselbigen wortwörtlich zitierte).
Galileo hatte damit nicht nur gegen die Bedingungen des kirchlichen Auftrages verstoßen, den er angenommen hatte, und gleichzeitig seinen größten Förderer beleidigt.
Indem er erklärte, seine Kritiker innerhalb der Kirche seien ja nicht einmal in der Lage, die Bibel richtig auszulegen, hatte er aus einem naturwissenschaftlichen Streit (in dem er bis dato eigentlich garnicht so schlecht gestanden hatte) einen theologischen Konflikt gemacht.
Entgegen dem Klischee der wissenschaftsfeindlichen Katholiken unterschied die Kirche allerspätestens seit Augustinus sehr deutlich zwischen naturwissenschaftlichen Fragen, welche mit menschlicher Vernunft zu ergründen waren und bei denen die Beschreibungen in der Bibel nicht zwingend wortwörtlich zu verstehen waren, und theologischen Fragen, bei welchen die Bibel und deren Auslegung durch die Kirche absolute Autorität hatten.
So hatte etwa Augustinus als Beispiel die Schöpfungsgeschichte genannt. Die sechs Tage, in denen Gott laut der Bibel die Welt erschuf, müssten nicht unbedingt wörtlich genommen werden, schon alleine, weil die Sonne ja erst am fünften Tag erschaffen worden sei und es vorher daher garkeine „Tage“ im wortwörtlichen Sinne hätte geben können.
Stattdessen sei die Schöpfungsgeschichte nur als vereinfachte und auch für einfache Menschen verstehbare Beschreibung dafür zu verstehen, dass Gott die Welt Stück für Stück in mehreren Schritten schuf.
Der am Prozess gegen Galileo beteiligte Kardinal Robert Bellamin schrieb 1615 in seinem “ Brief an Foscarini“, wenn das heliozentrische Modell tatsächlich bewiesen werden könne, müsse man „mit großer Vorsicht daran gehen, die Schriften zu erklären, die dem zu widersprechen scheinen und eher sagen, dass wir sie bislang nicht richtig verstanden hätten, als dass das, was uns demonstriert wurde, falsch sei.“. Allerdings fügte er auch hinzu: „Ich werde allerdings nicht an solche Beweise glauben, ehe sie mir gezeigt werden.“
Was aus wissenschaftlicher Sicht eine durchaus berechtigte Einstellung ist.
Galileo wurde letztlich also nicht für seine naturwissenschaftlichen Thesen angeklagt, sondern für seinen Vertragsbruch, seine Beleidigung gegenüber dem Papst und vor allem dafür, dass er sich unnötigerweise auf theologischem Gebiet gegen die Kirche aufgelehnt hatte.
Im ohnehin schon gespannten politischen und theologischen Klima der Gegenreformation, in der liberale und reaktionäre Fraktionen innerhalb der Kirche um Einfluss und Macht rangen, konnte so ein Akt offener Rebellion nicht unbeantwortet bleiben…
Dennoch viel seine Strafe verhältnismäßig milde aus:
Er musste seine Thesen öffentlich widerrufen und wurde zu Hausarrest verurteilt. Erst unter der Aufsicht des Erzbischofs von Siena, der sein glühender Bewunderer war, und es ihm an nichts fehlen ließ, später gut versorgt in seiner Villa.
Entgegen den Behauptungen, die man manchmal ließt, wurde Galileo nie gefoltert (das Zeigen der Folterinstrumente gehörte zum festen Ablauf eines Inquisitionsverfahrens und war kein besonderer Akt der Drohung oder Grausamkeit gegenüber Galileo).
Und erst recht sagte Galileo selbstverständlich nach der Verkündung des Urteils nicht vor Gericht: „Und sie bewegt sich doch.“
Eine solche trotzige Aussage hätte ihn zum rückfälligen Ketzer gemacht, was dann definitiv keine milde Strafe mit Hausarrest mehr nach sich gezogen hätte.
Mit Johannes Keplers Werk „Astronomia Nova“, das von elliptischen Planetenbahnen und unterschiedlichen Umlaufgeschwindigkeiten der Planeten an unterschiedlichen Punkten in der Ellipse ausging und damit nun seinerseits sehr viel präzisere Berechnungen erlaubte, als Galileos *und* das Ptolemäische Modell es konnten, kam von katholischer Seite bezeichnenderweise keinerlei Widerspruch, geschweige denn ein Vorfurf der Ketzerei.
Ebenso, wie bei Copernicus, der schon 100 Jahre vor Galileo ein heliozentrisches Weltbild entworfen hatte, auf dem Galileos Modell basierte.
Und ebenso, wie bei Nikolaus Cusanus, der noch einmal fast 100 Jahre früher bereits die Ansicht vertreten hatte, das Universum habe keine Grenzen, die Erde sei nicht sein Mittelpunkt, stünde nicht still, sondern bewege sich und sei nur eine Welt unter vielen.
Beiden, besonders Cusanus, wurde durchaus widersprochen und beide wurden teilweise heftig kritisiert. Aber beide wurden von der römischen Kirchenführung nie verfolgt oder gar bestraft, ja nichteinmal ein Verfahren gegen sie wurde eröffnet.
Kurz:
Galileo war kein Märtyrer für die Wissenschaft, sondern jemand, der darauf, dass seine bis dahin unbewiesene These nicht sofort als alleiniger Forschungsstand anerkannt wurde, reagierte, indem er sich offen und völlig unnötigerweise mit seinem größten Förderer und einer der mächtigsten Organisationen Europas anlegte und dafür sogar noch relativ glimpflich davonkam.
Wenn sich also heutige Pseudowissenschaftler, Verschwörungstheoretiker und sonstige Schwurbler mit Galileo vergleichen, haben sie damit sogar durchaus Recht…
Nur halt nicht ganz so, wie sie denken. 😉
Zum Weiterlesen:
Über das Verhältnis der katholischen Kirche zur Wissenschaft, vor allem im Mittelalter (in welchem der Fall Galileo in der populären Wahrnehmung erschreckend oft verortet wird, weil das Narrativ einer ignoranten Kirche, die einen Wissenschaftler als Ketzer verurteilt, weil er die Wahrheit sagt, so gut in das populäre Bild des Mittelalters passt):
inforo1300.wordpress.com/2017/05/10/die-katholische-kirche-und-die-wissenschaft/
Ein hervorragendes Interview mit Dr. Ludwig Neidhart, dass sich sehr viel detaillierter und fundierter mit dem Fall Galileo auseinandersetzt, als es dieser kurze Blogpost hier kann:
www.philso.uni-augsburg.de/institute/philosophie/Personen/Lehrbeauftragte/neidhart/Downloads/Inte...
Zwei Artikel von Tim O’Neills sehr lesenswertem Blog „History for Atheists“ über Copernicus, der seine wissenschaftlichen Arbeiten angeblich aus Angst vor der Inquisition erst auf dem Sterbebett veröffentlicht habe, und über Giordano Bruno, der ebenso (und teilweise noch mehr) wie Galileo als Märtyrer für die Wissenschaft gilt:
historyforatheists.com/2018/07/the-great-myths-6-copernicus-deathbed-publication/
historyforatheists.com/2017/03/the-great-myths-3-giordano-bruno-was-a-martyr-for-science/
Da in der Vergangenheit oft eingeworfen wurde, die Entdeckung der Jupitermonde sei doch ein eindeutiger Beweis gewesen, dass das alte Ptolemäische System nicht hätte stimmen können, verlinke ich hier zudem den Link zum Wikipedia-Eintrag über die sogenannte „Epizykeltheorie“, der zeigt, dass die Vorstellung von Himmelskörpern, die sich nicht in einer Kreisbahn direkt um die Erde, sondern um einern anderen Punkt drehen, der seinerseits wieder auf einer Kreisbahn um die Erde läuft, zu Galileos Zeit beiweitem keine neue oder radikale Idee war, die Jupitermonde sich also problemlos in das Ptolemäische Modell integrieren ließen:
de.wikipedia.org/wiki/Epizykeltheorie ... mehr anzeigenweniger anzeigen
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Warum kapieren so viele Leute nicht, dass das neue Jahr erst um 0.00 Uhr am 1.1. beginnt und nicht in den beiden Tagen schleichend schon tagsüber? Wahrscheinlich kann keiner mehr die Uhr lesen.... In diesem Sinne ein frohes neues Jahr. ... mehr anzeigenweniger anzeigen
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